Entscheidung
In dem der BGH Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt besteht zwischen einem Generalplaner und einem Bauherrn (Besteller) ein 2015 geschlossener Planervertrag. Der Planer verlangt mit Schreiben vom 15.10.2018, welches am selben Tag zugegangen ist eine Bauhandwerkersicherung i.H.v. 1,442 Mio Euro. Das Sicherheitsverlangen blieb erfolglos, weshalb der Planer dieses mit Klage vom 25.11.2021 einklagte. Der Besteller wandte Verjährung ein. Der BGH beurteilt die Rechtsfrage letztlich anders als das OLG München, welches Verjährungsende erst zum Schluss des Jahres 2021 annahm.
Nach 650f Abs.1 BGB kann der Unternehmer vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch. Kennzeichnend für einen solchen ist, dass das Entstehen eines solchen Anspruchs und das Verlangen, das Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldner die Leistung bewirken darf, zeitlich auseinanderfallen (können).
Bereits höchstrichterlich geklärt war, dass ein verhaltener Anspruch der dreijährigen Regelverjährung unterliegt, § 195 BGB, BGH Urteil vom 25.03.2021 (VII ZR 94/20). Unklar war bislang hingegen, wann die Verjährung beginnt. Es stellt sich die Frage, ob auch die Regelung des § 199 Abs.1 BGB Anwendung findet und damit die Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch geltend gemacht wurde, so dass der Anspruch nach Ablauf der Verjährungsfrist mit dem Jahresende verjährt ist oder die Verjährung bereits taggenau mit Geltendmachung beginnt und endet. Hier schafft das neue Urteil nun Klarheit:
Die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB (in der Fassung vom 23.10.2008) beginnt in entsprechender Anwendung von § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit.
Für verhaltene Ansprüche im Allgemeinen und auch für den Anspruch nach § 650f BGB besteht keine spezielle gesetzliche Regelung über den Verjährungsbeginn. Der BGH zieht allerdings einen Vergleich zum Recht der Leihe, da er hier von einer rechtlich gleich gelagerten Interessenlage ausgeht. Im Recht der Leihe beginnt die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache mit Beendigung der Leihe, vgl. § 604 Abs.5 BGB. Der Verleiher kann bei einer Leihe auf unbestimmte Zeit die Sache jedoch jederzeit zurückfordern, weshalb die Verjährung mit Geltendmachung des Rückgabeanspruchs beginnt. Auch nach § 650f BGB kann der Unternehmer entscheiden, wann und in welcher Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung er sein Sicherheitsverlangen geltend macht.
Da eine planwidrige Gesetzeslücke und eine vergleichbare Interessenlage bestehen, liegen die Voraussetzungen einer Analogie vor. Auf den Anspruch nach § 650f BGB sind demnach die Vorschriften u.a. der Leihe nach § 604 Abs.5 BGB entsprechend anzuwenden. Diese gehen der allgemeinen Regelung nach § 199 Abs.1 BGB vor, so dass die Verjährung des Anspruchs auf Sicherheit nach § 650f BGB mit dem Tag nach der erstmaligen Geltendmachung des Sicherheitsverlangen beginnt (§ 187 Abs. 1 BGB) und drei Jahre später taggenau mit dem Tag endet, der durch seine Zahl dem Tage entspricht, an dem das Sicherheitsverlangen geltend gemacht wurde. Wurde als das Sicherheitsverlangen erstmals am 7. Januar 2025 geltend gemacht, tritt Verjährung des Anspruchs – in der geltend gemachten Höhe – mit Ablauf des 7. Januar 2028 ein.
Mit der BGH Entscheidung wird zudem die bislang ebenfalls nicht höchstrichterlich entschiedene Frage geklärt, in welcher Höhe der geltend gemachte Sicherungsanspruch nach drei Jahren verjährt. Laut BGH beginnt die Verjährung nur in Höhe der geltend gemachten Ansprüche zu laufen, nicht jedoch einheitlich für die Sicherung der übrigen vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung. Macht der Unternehmer mit seinem Sicherungsverlangen nur einen Teilbetrag geltend, beginnt die Verjährung des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherheit auch nur in Höhe dieses Teilbetrages zu laufen. Die Begründung folgt auch hier aus dem Vorliegen eines verhaltenen Anspruchs sowie aus dem Interesse der Beteiligten. Die Verjährung kann mit dem ersten Sicherheitsverlangen nicht bereits auch für sämtliche, zum Teil noch nicht existente Werklohnansprüche aufgrund von Nachtragsleistungen beginnen. Dies hätte zudem die Folge, dass Zusatzvergütungen, die erst drei Jahre nach dem ersten Sicherheitsverlangen vereinbart werden, nicht mehr sicherbar wären. Der Unternehmer soll zudem nicht allein wegen der drohenden Verjährung „gezwungen“ sein, die Sicherheit in voller Höhe zu fordern, obwohl er dies zu diesem Zeitpunkt nicht für erforderlich hält.
Praxisrelevanz
Die Entscheidung des BGH hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis, da sie insbesondere dem sicherungsberechtigten Unternehmer Rechtssicherheit gibt. Die Unternehmer sollten daher stets darauf achten, wann und in welcher Höhe sie ein Sicherheitsverlangen gestellt haben, um letztlich ihre Ansprüche nicht infolge von Verjährung zu verlieren und diese noch rechtzeitig im Wege der Klage geltend machen zu können.
Im Einzelfall mag es allerdings unübersichtlich und herausfordernd werden, festzustellen, für welche Vergütungsansprüche der Anspruch auf Sicherheitsleistung bereits verjährt ist und für welche nicht. Gerne unterstützen wir Sie hierbei!