Hat der Besteller auch ohne Abnahme einen Anspruch auf Mangelbeseitigung? – Mit dieser durchaus praxisrelevanten Frage hatten sich das OLG München, Urteil vom 22.12.2010 (Az.: 9 U 5082/09) und nachfolgend der BGH, 12.01.2012 (Az.: VII ZR 30/11) für das bis zum 31.12.2000 geltende alte Schuldrecht zu befassen. Beide haben die Frage grundsätzlich bejaht.
Nach dem Bauträgervertrag sollte eine Wohnanlage bis spätestens 14 Monate nach rechtskräftig erteilter Baugenehmigung bezugs- und schlüsselfertig hergestellt werden. Der Käufer verweigerte nach Ablauf der Bauzeit die Abnahme wegen erheblicher Mängel und leitete gegen den Bauträger ein selbständiges Beweisverfahren ein. In Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten wurde der Bauträger, der die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel weiter bestritt, im anschließenden Hauptsacheverfahren zur Zahlung eines Vorschusses verurteilt. Hiergegen ging er in Berufung.
Insbesondere wegen des beharrlichen Bestreitens des Bauträgers hielt auch das OLG München den Vorschussanspruch des Käufers für begründet: Denn dadurch sei für die Klägerin eine Situation entstanden, in der ihr eine Mängelbeseitigung durch den Bauträger nicht mehr zuzumuten war, mit der Folge, dass spätestens dadurch Verzug eintrat.
Anspruch auf Mangelbeseitigung ohne Abnahme
Dabei scheitere der Anspruch auf Kostenvorschuss auch nicht an der fehlenden Abnahme. Denn dem Besteller sei es unter Berufung auf Kniffka nicht zuzumuten, ein mit erheblichen Mängeln behaftetes Werk abzunehmen, nur um hernach Mängelansprüche geltend machen zu können.
Zum seit 01.01.2001 geltenden neuen Schuldrecht existiert eine Entscheidung des LG Oldenburg, Urteil vom 25.02.2010 (Az.: 5 O 327/09; BauR 2010, 828), die unter Berufung auf Leupertz auch davon ausgeht, dass der Besteller schon vor der Abnahme Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend machen könne, also insbesondere einen Anspruch auf Vorschuss der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen gemäß § 637 III BGB n. F.