Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Welche Produkte und Dienstleistungen müssen „barrierefrei“ werden?

Dr. Philipp Knitter

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet zahlreiche Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei anzubieten. Hiervon ist ein Großteil von Online-Angeboten im B2C-Bereich betroffen.

Ab dem 28. Juni 2025 gilt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen fördern soll. Mit dem BFSG setzt der deutsche Gesetzgeber die EU-Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessibility Act, EAA) um. Ab dem Inkrafttreten des BFSG müssen Wirtschaftakteure bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestalten und anbieten. 

Welche Produkte und Dienstleistungen sind betroffen?

Das BFSG gilt für bestimmte Produkte und Dienstleistungen.

Unter den Begriff der „Produkte“ fallen z.B.

  • Verbraucher-Hardwaresysteme (Smartphones, Notebooks, Tablets etc.)
  • Selbstbedienungsterminals (Terminal-, Kiosk-, Automatensysteme etc.)
  • Verbraucher-Endgeräte für Telekommunikationsdienste (Telefone, Router etc.) und für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten (Smart-TVs)
  • E-Book-Reader

Als „Dienstleistungen“ umfasst sind z.B.

  • Telekommunikationsdienste
  • Bestimmte Elemente von Personenbeförderungsdiensten
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher
  • E-Books (einschließlich hierfür bestimmte Software)
  • „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“

Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ sind Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseites und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden (§ 2 Nr. 3 und 26 BFSG).

  • Im Wesentlichen sind das E-Commerce-Angebote (Websites und Apps), sofern sie auf den Abschluss von Verbraucherverträgen (B2C) gerichtet sind. E-Commerce-Angebote im B2B-Bereich unterfallen den Regelungen nicht.
  • Für den Anwendungsbereich irrelevant ist, welche Waren oder Dienstleistungen im Shop angeboten werden.
  • Nicht umfasst sein dürften informatorische Inhalte, die keinen Bezug zum Abschluss eines Verbrauchervertrags haben. Vorsicht ist bei Websites mit gemischten Inhalten (informatisch und auf einen Vertragsschluss gerichtet) geboten.
  • Elektronische Kommunikation mit Verbrauchern (E-Mails) könnte ebenfalls unter das BFSG fallen.

An welche Akteure richtet sich das BFSG?

Das BFSG adressiert Hersteller, Importeure und Händler der oben genannten Produkte und Erbringer der oben genannten Dienstleistungen.

Was bedeutet „barrierefrei“?

Welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen zu stellen sind, ergibt sich aus einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassenen Rechtsverordnung. Im Dienstleistungsbereich zielen die Anforderungen auf eine bessere Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit und Verständlichkeit ab.

Was ist jetzt zu tun?

Unternehmen sollten zeitnah klären, ob von ihnen hergestellte bzw. angebotene Produkte und/oder erbrachte Dienstleistungen unter das BFSG fallen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn eine Übergangsfrist gibt es nur in Ausnahmefällen (§ 38 BFSG). Bei Verstößen gegen das BFSG müssen Unternehmen mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. Hinzu kommt das Risiko, von Mitbewerbern oder Verbänden abgemahnt zu werden.

Durch eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Anforderungen und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen können Unternehmen nicht nur rechtliche Risiken vermeiden, sondern auch ihre Marktstellung stärken.