Bedenken zurückgewiesen: Auftragnehmer hat die Vorgaben des Auftraggebers umzusetzen

Dr. Sebastian Schwartz

Meldet der Auftragnehmer ordnungsgemäß Bedenken an und besteht der Auftraggeber dessen ungeachtet auf einer Arbeitsaufnahme, hat der Auftragnehmer die Vorgaben des Auftraggebers weiter umzusetzen.

Meldet der Auftragnehmer ordnungsgemäß Bedenken an und besteht der Auftraggeber dessen ungeachtet auf einer Arbeitsaufnahme, hat der Auftragnehmer die Vorgaben des Auftraggebers weiter umzusetzen, OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2014 – 11 U 47/14; BGH, Beschluss vom 21.06.2017 – VII ZR 218/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Prüfungs- und Anzeigepflicht des Auftragnehmers und ihre Auswirkungen nach den Regelungen der VOB/B

Nach der Regelung des § 4 Abs. 3 VOB/B ist der Auftragnehmer verpflichtet, dem Auftraggeber Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.

Bedenken gegen die Leistungen anderer Unternehmer

Die bauvertragliche Praxis zeigt, dass ein falscher Umgang mit Bedenkenanzeigen für den Auftragnehmer unerwünschte Folgen haben kann.

Eine häufig vorkommende Fallgruppe sind Bedenken des Auftragnehmers gegen die Leistung eines anderen Unternehmers. Meist handelt es sich hierbei um Bedenken in Bezug auf das Vorgewerk. Für ein mangelfreies Nachfolgegewerk ist es erforderlich, dass bereits das Vorgewerk mangelfrei errichtet ist. Meldet der Unternehmer des Nachfolgegewerks beim richtigen Adressaten – dies ist grundsätzlich der Auftraggeber als Vertragspartner – in der richtigen Art und Weise (schriftlich) Bedenken wegen der Leistungen des Vorgewerks gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B an, und besteht der Auftraggeber gleichwohl auf einer Ausführung der Leistung, sollte der Auftragnehmer die Leistungen trotz seiner Bedenken grundsätzlich ausführen. Dies gilt nur dann nicht, soweit gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen. Für diese Vorgaben ist der Auftraggeber dann gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 VOB/B selbst verantwortlich.

Der Auftragnehmer erleidet hierdurch keinen Nachteil. Erweisen sich die mitgeteilten Bedenken des Auftragnehmers als richtig und wird das Gewerk aufgrund der angeordneten Ausführung des Auftraggebers mangelhaft, haftet der Auftragnehmer aufgrund seiner Bedenkenanmeldung nicht. Dem Auftraggeber stehen gegen den Auftragnehmer in diesem Fall weder entsprechende Mängelrechte und Mängelansprüche während der Bauausführung vor Fertigstellung der vertraglichen Gesamtleistung nach § 4 Abs. 7 VOB/B noch solche nach Abnahme gemäß § 13 Abs. 5 – 7 VOB/B zu. Aus diesem Grund muss der Auftragnehmer auch keine Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch befürchten.

Nur ausnahmsweise Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers

Stehen der Ausführung gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegen, hat der Auftragnehmer nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 VOB/B ein Leistungsverweigerungsrecht.

Ausnahmsweise kann dem Auftragnehmer darüber hinaus nach Treu und Glauben ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Dies kommt dann in Betracht, wenn die Prüfung des Auftragnehmers mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis geführt hat, dass die vorgesehene Art der Ausführung, die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder die Leistungen anderer (Vor-) Unternehmer zusammen mit der eigenen Leistung zu einem Eintritt eines erheblichen Mangels oder eines sonstigen, nicht nur geringfügigen Schadens führen wird. In allen anderen Fällen ist der Auftragnehmer gut beraten, die angeordnete Leistung trotz der Bedenken auszuführen. Kommt der Auftragnehmer dem nicht nach, kann dies – so wie im Fall des OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2014 – 11 U 47/14 – zu einer Kündigung der Leistungen des Auftragnehmers führen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.