BVerwG beschränkt Sonntagsarbeit

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Notwendigkeit, dass Videotheken, Bibliotheken, Callcenter sowie Lotto- und Totogesellschaften auch an Sonntagen geöffnet haben. Mit diesem Urteil vom 26.11.2014 (Az.: 6 CN 1.13) schränkt das Bundesverwaltungsgericht die Ausweitung der Sonntagsarbeit ein.

22.01.2015 | Arbeitsrecht

Ausgangslage

Das Arbeitszeitgesetz statuiert grundsätzlich ein Verbot der Sonntagsarbeit. Bereits das Arbeitszeitgesetz selbst sieht davon aber zahlreiche Ausnahmen vor, indem es bestimmte Branchen gezielt vom grundsätzlichen Verbot der Sonntagsarbeit ausnimmt. Daneben ermächtigt das Arbeitszeitgesetz u. a. die Landesregierungen, weitere Ausnahmen zur Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Schutzes der Arbeitnehmer und der Sonn- und Feiertagsruhe für Betriebe zuzulassen, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- oder Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Gestützt auf diese Ermächtigung, haben zahlreiche Landesregierungen Rechtsverordnungen erlassen, die weitere Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit vorsehen.

Die Entscheidung

Die Hessische Landesregierung hat, gestützt auf diese Ermächtigung, durch die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen unter anderem in den Bereichen Videotheken und öffentliche Bibliotheken, Getränkeindustrie und -großhandel, Fabriken zur Herstellung von Roh- und Speiseeis, Buchmachergewerbe, Callcenter sowie Lotto- und Totogesellschaften zeitlich beschränkt zugelassen. Auf Normenkontrollanträge einer Gewerkschaft und von zwei evangelischen Gemeindeverbänden hat der Verwaltungsgerichtshof Hessen in Kassel die Verordnung insoweit für nichtig erklärt. Auf die Revision des Landes Hessen hat das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil teilweise bestätigt (BVerwG, Urt. vom 26.11.2014 – Az.: 6 CN 1.13).

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung nichtig, sofern sie in Videotheken, öffentlichen Bibliotheken, Callcentern sowie Lotto- und Totogesellschaften eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zulässt. Das Bundesverwaltungsgericht begründet sein Urteil damit, dass in diesen Bereichen eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen nicht zwingend erforderlich ist. Es stelle keinen erheblichen Schaden i. S. d. Arbeitszeitgesetzes dar, wenn der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe nicht hinter den Wunsch zurücktreten muss, spontan auftretende Bedürfnisse auch sofort erfüllt zu bekommen. Soweit die Verordnung eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in Callcentern zulässt, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts mit der gesetzlichen Ermächtigung nicht vereinbar, weil sie eine solche Beschäftigung in allen gegenwärtig und künftig vorhandenen Callcentern zulässt, gleichgültig für Unternehmen welcher Branche oder für welchen Tätigkeitsbereich das Callcenter tätig wird. Dass der Betrieb von Callcentern in diesem Umfang erforderlich ist, um tägliche oder an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen, lasse sich nicht feststellen.

Praxishinweis:

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betrifft unmittelbar nur die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung. Allerdings haben auch die meisten anderen Bundesländer Rechtsverordnungen mit ähnlichen Regelungen erlassen. Vor diesem Hintergrund dürfte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bundesweite Folgen haben. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgesetzgeber auf diese Entwicklung reagiert und weitere Ausnahmetatbestände vom Verbot der Sonntagsarbeit schafft.