Das bisherige Nachweisgesetz
Sinn und Zweck des deutschen Nachweisgesetzes und der darin enthaltenen Verpflichtungen zur Verschriftlichung wesentlicher Arbeitsbedingungen eines jeden Arbeitsverhältnisses ist es seit jeher, ein Mindestmaß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Arbeitsverhältnis zu schaffen. Da Arbeitsverträge mangels eines gesetzlichen Formzwangs grundsätzlich auch mündlich geschlossen werden können, soll die schriftliche Fixierung der wesentlichen Eckdaten für beide Parteien spätere Unklarheiten und Beweisschwierigkeiten vermeiden. Festzuhalten waren bislang insbesondere die Bezeichnung und Anschrift der Vertragsparteien, Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort und Arbeitszeit, die Urlaubsdauer sowie die Kündigungsfrist. Bisher führte das Nachweisgesetz allerdings eher ein Schattendasein und fand, insbesondere aufgrund der weiten Verbreitung schriftlicher Arbeitsverträge sowie mangels vorgesehener Sanktionen für Arbeitgeber bei Verstößen gegen die dortigen Vorgaben, in der Praxis wenig Beachtung. Mit den Neuerungen hat der Gesetzgeber nunmehr – wenn auch erst unter dem Druck der umzusetzenden EU-Richtlinie – reagiert und an einigen Schrauben gedreht, welche dem bislang „zahnlosen Tiger“ erstmals „Zähne“ verleihen.
Das neue Nachweisgesetz und Handlungsbedarf für Arbeitgeber
So drohen nunmehr mit einem Bußgeld von bis zu EUR 2.000,00 pro Verstoß – das heißt pro Mitarbeiter bzw. Arbeitsvertrag - erstmals beachtliche Sanktionen bei Verstößen gegen die gesetzlichen Nachweispflichten, deren Katalog unter § 2 NachwG gleichzeitig deutlich erweitert wurde. Unter diversen Neuerungen sind unter anderem zukünftig beispielsweise die Bestandteile des Arbeitsentgelts getrennt anzugeben und im Hinblick auf die Arbeitszeit auch Ruhepausen, Ruhezeiten sowie ein ggf. vereinbartes Schichtsystem schriftlich zu fixieren. Besondere Aufmerksamkeit erhält zudem die neu aufgenommene Verpflichtung, im Arbeitsvertrag das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von den Parteien einzuhaltende Verfahren aufzuführen. Dies ist tatsächlich neu und wird wohl bislang in den wenigsten Bestandsverträgen enthalten sein. Leider hat es der Gesetzgeber an dieser Stelle indes versäumt, unmissverständliche Gestaltungshinweise zu geben, so dass unterschiedlich ausführliche Formulierungen denkbar sind, welche voraussichtlich erst die Arbeitsgerichte im Nachgang konkretisieren werden. Daneben wurde unter anderem auch eine Pflicht zur Verschriftlichung des Enddatums oder der voraussichtlichen Dauer bei Befristungen sowie der Dauer einer etwaig vereinbarten Probezeit nebst geltender Kündigungsfrist neu im Gesetz verankert, wobei diese sich in den meisten Arbeitsverträgen bereits finden dürften.
Insgesamt formuliert das Nachweisgesetz somit seit dem 1. August 2022 tatsächlich einige neue Nachweispflichten, welche bislang in den Arbeitsvertragsmustern vielerorts nicht enthalten sein dürften. Es ist insoweit festzuhalten, dass jedes Unternehmen gut beraten ist, die Musterverträge für das Onboarding schnellstmöglich zu überarbeiten. Bestandverträge müssen zwar nicht angepasst werden, allerdings können Mitarbeiter im laufenden Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber verlangen, ihnen innerhalb von sieben Tagen eine Niederschrift mit den wesentlichen Arbeitsbedingungen auszuhändigen. Hier können Arbeitgeber sich jedenfalls durch die Vorbereitung entsprechender Informationsschreiben auf einen etwaig entstehenden Arbeitsaufwand vorbereiten. Zu beachten ist für die Personalpraxis weiterhin, dass die schriftliche Nachweispflicht nicht nur die wichtigsten Angaben bei Vertragsschluss betrifft, sondern auch alle relevanten späteren Vertragsänderungen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens.
Praxistipp
Nach alldem sollten Arbeitgeber die Neuerungen im Nachweisgesetz durchaus zum Anlass nehmen, die verwendeten Vertragsmuster zu überprüfen und entsprechend anzupassen. Aus der Sicht der arbeitsrechtlichen Beratungspraxis ist dies jedoch weniger außergewöhnlich als die mediale Berichterstattung derzeit vermuten lässt, da aus Arbeitgebersicht ohnehin eine jährliche Überprüfung der Vertragsmuster dringend zu empfehlen ist, gibt es doch vom BAG regelmäßig neue Vorgaben und Konkretisierungen zu arbeitsvertraglichen Klauseln mit teils erheblichen Auswirkungen. So sollte insbesondere die Wirksamkeit vertraglicher Ausschlussfristen kontinuierlich überprüft und sichergestellt werden. Auch in Bezug auf die Wirksamkeit von vertraglichen Altersbefristungen über ein Vertragsende mit Erreichen der Regelaltersgrenze sowie Gestaltungsmöglichkeiten bei Urlaubsklauseln hat sich ein wachsamer Blick auf die Entwicklungen in der Rechtsprechung für Arbeitgeber in den letzten Jahren regelmäßig ausgezahlt.
Einen ersten Überblick über notwendige und sinnvolle Anpassungen bei der diesjährigen Überprüfung der Arbeitsvertragsmuster, für die die Reform des Nachweisgesetzes einen guten Anlass bietet, möchten wir Ihnen im Rahmen unserer Informationsveranstaltung am Mittwoch, den 31. August 2022 von 9.00 – 10.30 Uhr an unserem Standort in Hamburg geben. Gern möchten wir uns bei einem gemeinsamen Frühstück mit Ihnen über Best Practices der Vertragsanpassungen austauschen.