Onlineshops und -marktplätze: Neue Abmahnfallen vermeiden

Niklas Vogt

Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht hat zu einer Reihe wichtiger Neuerungen für den E-Commerce geführt. Das Abmahnpotential ist hoch, weshalb wir die wichtigsten Neuerungen und To-Dos in diesem Beitrag aufzeigen.

In unserem kürzlich veröffentlichten Beitrag zum Gesetz für faire Verbraucherverträge hatten wir darauf hingewiesen, dass unseren Informationen nach bereits erste Verbraucherzentralen Abmahnungen wegen der seit dem 1. Juli 2022 geltenden Pflicht zur Implementierung eines Kündigungsbuttons versenden. Dies verdeutlicht, wie schnell eine nicht erfolgte Umsetzung der neuen Pflichten für Unternehmen zur Gefahr werden kann.

Nicht minder relevant ist für E-Commerce-Unternehmen vor diesem Hintergrund die Umsetzung des am 28. Mai 2022 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht. In Teilen ähneln die neuen Pflichten für Unternehmen denen, die die sogenannte Platform-to-Business-Verordnung (P2B-Verordnung) schon 2020 für das Verhältnis von Plattform zu den dort anbietenden Unternehmen festgeschrieben hat (unseren Blogbeitrag zur P2B-Verordnung finden Sie hier).

Die neuen Regelungen betreffen nun das Verhältnis von Unternehmen zu Verbrauchern. Die für E-Commerce-Unternehmen wichtigsten Neuerungen, To-Dos und Risiken möchten wir Ihnen mit diesem Beitrag vorstellen:

1. Was ist neu?

  • Eine Neuerung betrifft Unternehmen, die Waren europaweit vertreiben. Neu eingeführt wird ein grundsätzliches Verbot, in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU eine als identisch vermarktete Ware mit unterschiedlicher Qualität, also unterschiedlichen Merkmalen oder Zusammensetzungen, anzubieten. Damit soll ein einheitliches Qualitätsniveau sichergestellt werden. Es bleibt aber erlaubt, Waren mit Qualitätsunterschieden zu vertreiben, wenn diese für den Verbraucher zu erkennen oder durch landesspezifische Faktoren begründet sind. - § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • Die Reform greift zudem das Problem der Kennzeichnung von Influencer- und Bloggerwerbung für fremde Unternehmen auf. Danach ist eine Kennzeichnung solcher Werbung grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn der Werbezweck nicht auf der Hand liegt und der Werbende eine Gegenleistung erhält oder sich versprechen lässt. Sie entspricht den bereits bislang geltenden (tele-)medienrechtlichen Anforderungen. Insbesondere für den Influencer beziehungsweise Blogger ist es wichtig, den (Nicht-)Erhalt einer Gegenleistung zu dokumentieren, weil das Gesetz den Erhalt einer Gegenleistung vermutet. - § 5a Abs. 4 UWG
  • Zudem kommen auf E-Commerce-Unternehmen neue Transparenzpflichten zu:
    • Betreiber von Online-Marktplätzen müssen zukünftig darüber aufklären, ob ihre Händler nach deren eigener Auskunft Unternehmer im Rechtssinne sind. Das ist für die dort einkaufenden Verbraucher insbesondere wegen Verbraucherschutzregelungen wie dem Widerrufsrecht und dem strengeren Gewährleistungsrecht bei Kaufverträgen relevant. - § 5b Abs. 1 Nr. 6 UWG
    • Wenn ein Unternehmen neben eigenen auch fremde Waren oder Dienstleistungen in einem Webshop anbietet oder zumindest Waren und Dienstleistungen verschiedener Unternehmen auflistet und Verbrauchern die Möglichkeit einer Suche innerhalb des Angebotes bietet, muss es zudem über die Parameter des Rankings und eine etwaige Beeinflussung durch Zahlungen informieren. - § 5b Abs. 2 UWG, Nr. 11a des Anhangs zum UWG
    • Zuletzt muss ein Unternehmen, das Verbrauchern Bewertungen anderer Verbraucher über angebotene Waren oder Dienstleistungen zugänglich macht (z.B. Produktbewertungen), darüber aufklären, ob und mit welchen Maßnahmen es die Echtheit der Bewertungen sicherstellt. Echtheit meint hier, dass der Bewertende die Ware tatsächlich gekauft oder genutzt hat. Das Gesetz enthält also keine Prüfpflicht, sondern nur eine Informationspflicht. Es ist aber stets verboten, zu behaupten, es handele sich um echte Bewertungen, wenn keine vorherige Prüfung stattgefunden hat. Ebenso ist es nicht erlaubt, Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern zu fälschen, Fälschungen zu beauftragten oder sie falsch darzustellen. Hierfür reicht es bereits aus, nur positive Bewertungen zu veröffentlichen und negative zu löschen oder Bewertungen irreführend einem anderen Produkt zuzuordnen. - § 5b Abs. 3 UWG, Nr. 23b, 23c des Anhangs zum UWG

2. Was ist zu tun?

  • Wenn Sie identische Waren in mehreren EU-Staaten vermarkten, sollten Sie Ihr Angebot daraufhin überprüfen, ob diese Waren die gleiche Qualität haben.
  • Arbeiten Sie künftig mit Influencern zusammen, sollten Sie auf eine Dokumentation etwaiger Gegenleistungen und eine ausreichende Kennzeichnung werblicher Beiträge achten.
  • Schließlich sollten Sie Ihren Onlineshop/-marktplatz den neuen Informations- und Transparenzpflichten anpassen. Wenn Sie (auch) fremde Waren anbieten beziehungsweise auflisten oder Verbraucherbewertungen veröffentlichen, müssen Sie sich mit den neuen Pflichten auseinandersetzen.

3. Was droht bei Verstößen?

  • Wie bei anderen Verstößen gegen das UWG droht auch bei solchen gegen die neuen Pflichten eine Inanspruchnahme durch Wettbewerber im Wege der Abmahnung. Sie können unter Umständen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen.
  • Neu ist, dass unter bestimmten Umständen auch Verbraucher einen Anspruch auf Schadensersatz gegen das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen geltend machen können. Erfasst sind allerdings nur Verstöße gegen bestimmte UWG-Vorschriften. - § 9 Abs. 2 UWG
  • Unter sehr engen Voraussetzungen kann in Zukunft bei weitverbreiteten Verstößen gegen bestimmte Vorschriften auch ein Bußgeld drohen. Weitverbreitet meint, dass der Verstoß mehrere EU-Staaten betrifft. - §§ 5c, 19 UWG