Suchtmittelkonsum im Betrieb – Welche Pflichten haben Arbeitgeber?

Kim Kleinert

Der Konsum von Suchtmitteln verursacht durch alkoholbedingte Krankheitsausfälle, Minderleistungen und Fehlentscheidungen jährlich Milliardenverluste. Auch im Arbeitsverhältnis können Probleme durch Alkohol- und Drogenkonsum auftreten. Hier stellt sich die Frage, welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber haben. (Co-Autor: Saskia Koal)

25.07.2024 | Arbeitsrecht

Nur vereinzelt statuieren Normen (bspw. im Bewachungsgewerbe oder dem Jugendschutz) ein umfassendes Alkohol- und Suchtmittelverbot. Weitere gesetzliche Drogenverbote gelten für sicherheitsrelevante Tätigkeiten, wie u.a. für Piloten, Berufskraftfahrer oder Lokführer. Abgesehen davon sehen allgemeine gesetzliche Vorgaben kein umfassendes, d.h. absolutes, Alkohol- und Suchtmittelverbot vor.

Arbeitgeber müssen jedoch gemäß §§ 3 ff. des Arbeitsschutzgesetzes Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Zu den Arbeitsschutzmaßnahmen gehören dabei spezielle Regelungen, Festlegungen oder Praktiken, aber auch Beschränkungen und Verbote.

Gesetzliche Vorgaben

Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes werden durch die Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" konkretisiert. § 15 Abs. 2 BGV A1 untersagt den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln, wenn dadurch eine Gefährdung entsteht. Ein Unternehmer darf einen Versicherten nicht beschäftigen, wenn dieser aufgrund von Drogenkonsum nicht sicher arbeiten kann. Umgekehrt darf sich der Versicherte durch Alkohol oder Drogen nicht in einen Zustand versetzen, der eine Gefährdung darstellt. Die Bewertung kann im Einzelfall auf Grundlage der subjektiven Einschätzung des jeweiligen Vorgesetzten erfolgen.

Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber tragen die Verantwortung dafür, Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Risiken für die Sicherheit und Gesundheit entgegenzuwirken und können dies wie folgt umsetzen:

Maßnahmen zur Prävention und Intervention

Arbeitgeber sollten regelmäßige Aufklärungsveranstaltungen und Schulungen zu Suchtmittelkonsum und dessen Auswirkungen auf Gesundheit und Arbeitsleistung anbieten.

Sie dürfen als Arbeitgeber ferner ein Verbot des Konsums von Alkohol und Drogen während der Arbeitszeit und ein Verbot des Erscheinens unter Alkohol- und Drogeneinfluss aussprechen, wenn dies Ihren berechtigten Interessen dient. Ein absolutes Alkohol- und Drogenverbot am Arbeitsplatz dient der Sicherheit und Gesundheit aller Mitarbeiter und ist jedenfalls bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten regelmäßig gerechtfertigt.

Vor der Einführung eines absoluten Drogenverbots ist die Beteiligung eines etwaig bestehenden Betriebsrats erforderlich. Eine Betriebsvereinbarung zum Alkohol- und Suchtmittelmissbrauch bietet zusätzliche Sicherheit und standardisiert Verfahren zur Ursachenforschung sowie Verpflichtungen des Mitarbeiters zur Mitwirkung.

Arbeitnehmer sind zudem aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dazu verpflichtet, erhebliche Gefahren für Sicherheit und Gesundheit unverzüglich zu melden, einschließlich des Konsums von Suchtmitteln am Arbeitsplatz. Hierauf sollten Sie als Arbeitgeber explizit hinweisen.

Umgang mit Suchtmittelkonsum

Bei Verdacht auf Suchtmittelkonsum sollten Sie als Arbeitgeber das Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter suchen. Auffällige Verhaltensweisen und Mitteilungen von Mitarbeitern sind möglichst umfassend und genau zu dokumentieren. Dies ist wichtig, um arbeitsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten vorzubereiten. Betroffenen Mitarbeitern sollte darüber hinaus möglichst frühzeitig eine Therapie angeboten werden.

Arbeitsrechtliche Handlungsmöglichkeiten

Bei Verstößen sollten Sie zunächst eine Ermahnung aussprechen, bei wiederholten resp. schwerwiegenden Verstößen eine Abmahnung. Eine Kündigung ist nur bei schwerwiegenden Verstößen und nach sorgfältiger, vorheriger Dokumentation möglich. In gravierenden Fällen, insbesondere bei Gefährdung anderer Mitarbeiter, kann zudem eine sofortige (zunächst widerrufliche) Freistellung notwendig sein.

Wenn der Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers auf eine Sucht hinweist, sind die Regelungen für eine krankheitsbedingte Kündigung anzuwenden. Hierbei sind Ausfallzeiten, Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen und die Bereitschaft des Mitarbeiters zur Therapie zu prüfen. Eine Kündigung ist nur bei einer negativen Prognose rechtswirksam. Der Arbeitgeber muss insbesondere zunächst eine Entziehungskur anbieten. Stimmt der Arbeitnehmer zu, muss die Kur durchgeführt werden; erst bei Misserfolg der Kur ist eine Kündigung möglich.

Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen (besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen) und guter Dokumentation der Pflichtverstöße möglich.

Untersuchungen und Drogenkontrollen

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, an Drogentests mitzuwirken, da dies in ihr Persönlichkeitsrecht sowie ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit eingreift.

In Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen kann dennoch eine Pflicht zur Teilnahme an solchen Tests geregelt werden, wenn der Test vom Vorliegen konkreter Verdachtsmomente abhängig gemacht wird, oder der Arbeitnehmer in einem sicherheitsrelevanten Bereich tätig ist. Liegt eine solche Vereinbarung vor, kann der Arbeitgeber das Absolvieren eines Tests anbieten, um den Verdacht einer Intoxikation zu widerlegen. Verweigert der Arbeitnehmer die Mitwirkung, kann dies in einem späteren Verfahren als Indiz für das Vorliegen eines Drogenmissbrauchs gewertet und im Rahmen einer Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt werden.