Verzicht auf Urlaub? Nicht so einfach!

Claudia Knuth

Mehr Geld statt Urlaub? Besonders knifflig wird es, wenn Arbeitnehmer sich ihren Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszahlen lassen wollen. Das LAG Köln hat diese Form der Urlaubsabgeltung nun weiter eingeschränkt. (Co-Autor: Pattrick Unger | Legal Consultant)

05.09.2024 | Arbeitsrecht

In den letzten Jahren haben sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) öfter zum Thema Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern geurteilt. Die wichtigste Entscheidung des BAG (v. 19.2.2019, 9 AZR 541/15) für die betriebliche Praxis ist, dass Urlaubsansprüche nur dann verfallen können, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher über den Verfall seines Jahresurlaubs informiert hat. Wenn der Arbeitgeber dieser Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, werden die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers addiert. Das kann nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu hohen Abgeltungsansprüchen führen.

Übliche Praxis: Verzicht durch Abgeltungsklausel

Weil das Zahlungsrisiko ziemlich hoch ist, gehört es zum Standard, dass in Vergleichen oder Aufhebungsverträgen sogenannte "Abgeltungsklauseln" vereinbart werden. Damit verzichtet der Arbeitnehmer auf alle ausstehenden Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüche.

Nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann man auf den Urlaubsanspruch verzichten, ohne sich weiter darum kümmern zu müssen. Aber was ist, wenn man noch in einem Arbeitsverhältnis steckt? Darf man dann auch auf den Urlaub verzichten? Darüber sind sich die Experten nicht einig.

Verzicht auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses?

Das Bundesurlaubsgesetz sagt, dass man während des laufenden Arbeitsverhältnisses nicht auf seinen Urlaub verzichten kann. Denn sonst würde der Schutzzweck des Gesetzes umgangen werden.

Das LAG Berlin-Brandenburg sagt dazu: Wenn der Anspruch auf Urlaub schon entstanden ist und feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bald endet, kann man darauf verzichten. Wenn also in einem Aufhebungsvertrag oder Vergleich ein festes Beendigungsdatum vereinbart wird, kann danach wirksam auf den Urlaubsanspruch verzichtet werden.

Das LAG München (v. 12.1.2023, 3 Sa 358/22) und das LAG Rheinland-Pfalz (v. 9.6.2021, 2 Sa 116/20) sehen das anders und sorgen so für Rechtsunsicherheit. Die meisten haben sich mit einem sogenannten "Tatsachenvergleich" beholfen. Dabei hat der Arbeitnehmer bestätigt, dass er seinen Urlaub schon genommen hat.

Erhebliche Einschränkungen durch das LAG Köln

Das LAG Köln hat am 11.4.2024 (7 Sa 516/23) entschieden, dass eine solche Vereinbarung nur geschlossen werden kann, wenn es tatsächlich Streit über die Anzahl der Urlaubstage gibt. Es muss also unklar sein, ob der Urlaubsanspruch überhaupt oder in dem behaupteten Umfang besteht. Außerdem sagt das LAG Köln jetzt genauso wie das LAG München und Rheinland-Pfalz, dass man auf den Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung nicht während des laufenden Arbeitsverhältnisses verzichten kann – ganz gleich, ob das Beendigungsdatum feststeht oder nicht.

Ausblick und Empfehlungen für die Praxis

Zusammengefasst kann man sagen, dass Arbeitgeber bei "angesparten" Urlaubsansprüchen kaum eine Möglichkeit haben, einer Zahlungspflicht zu entgehen und für Rechtssicherheit zu sorgen. Er muss also bis zu drei Jahren nach Ende des Arbeitsverhältnisses damit rechnen, dass der Arbeitnehmer eine etwaige Urlaubsabgeltung einfordert. Aufhebungsvertrag oder gerichtlicher Vergleich mit Beendigungsdatum in der Zukunft dürften dafür jedenfalls nicht ausreichen. Allerdings wurde die Revision (Az.: 9 AZR 104/24) zugelassen. Mal sehen, ob sich das BAG (überraschenderweise) dem LAG Berlin-Brandenburg anschließt und ob Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüche auch nicht durch einen Tatsachenvergleich ausgeschlossen werden können.