Das Informationsschreiben muss in Textform zugehen!

Die VK Südbayern konkretisiert die Informationspflicht nach § 134 GWB. Auftraggeber müssen das Informationsschreiben in Textform versenden. Die Freischaltung auf einer Vergabeplattform genügt nicht.

17.11.2019 | Vergaberecht

Die Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 29.03.2019 – Z3-3-3194-2-07-03/19; OLG München, Beschluss vom 28.08.2019 – Verg 10/19) hat klargestellt, dass die Informationspflicht nach § 134 GWB nur gewahrt wird, wenn der Auftraggeber das Informationsschreiben in Textform versendet. Es genügt gerade nicht die Information im Sinne von § 134 GWB auf einer Vergabeplattform freischalten zu lassen und darauf zu vertrauen, dass der Bieter diese herunterlädt. Auch eine gesonderte Hinweismail, die aber keine der maßgeblichen Informationen im Sinne des § 134 GWB enthält, befreit nicht von der Pflicht der Versendung in Textform.

Im konkreten Fall schaltete die öffentliche Auftraggeberin die Information nach § 134 GWB auf einer Vergabeplattform frei. Eine Woche nach diesem Vorgang erhielt das unterlegene Unternehmen eine E-Mail der eVergabeplattform, wonach die Auftraggeberin eine Mitteilung zu besagter Vergabe bereitgestellt habe. Hierbei handelte es sich um das Informationsschreiben, das zum Download bereitstand.

Die Vergabekammer entschied, dass das von der Auftraggeberin gewählte Vorgehen nicht den Anforderungen des § 134 Abs. 1 GWB gerecht wurde.

§ 134 Abs. 1 GWB erfordert eine Versendung der Information in Textform. Dies ergibt sich bereits aus § 134 Abs. 2 Satz 1 GWB, der von "Absendung" spricht. Nach § 134 Abs. 2 Satz 2 GWB trifft dies auch auf den elektronischen Übertragungsweg sowie die Faxübertragung zu.

Nach Ansicht der Vergabekammer ist dieses Versendungserfordernis nur dann gewahrt, wenn das Informationsschreiben dem Bieter aktiv übermittelt wird. Hierfür muss es in seinen Machtbereich verbracht werden.

Die bloße Bereitstellung der Information zum Download genügt diesem Versendungserfordernis gerade nicht. Ein derartiges Vorgehen ist kaum mit dem Regelungsziel des § 134 GWB in Einklang zu bringen ist. Dieser soll gerade unterlegene Bieter frühzeitig von ihrem Scheitern informieren. Dies ist aber nicht mehr gewährleistet, sobald der Bieter sich diese Information erst selbst mittels Downloads verschaffen muss. Vielmehr muss diese ihm aktiv in seinen Machtbereich verbracht werden. Insoweit war eine gesonderte Versendung erforderlich. Hieran konnte auch die Benachrichtigungsmail an die Bieterin nichts ändern. Diese enthielt gerade nur den gesonderten Hinweis auf ein downloadbares Dokument, jedoch nicht die maßgebliche Information im Sinne des § 134 Abs. 1 GWB selbst, sodass auch hierdurch der erforderliche Zugang der Information nicht erreicht werden konnte.  

Zudem fehlte es auch an der erforderlichen Textform nach § 126b BGB. Danach muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein tatsächlich erfolgter Download kann nach Ansicht der Vergabekammer hierfür nicht genügen, da die Wirksamkeit der Information nach § 134 GWB nicht an eine derartige Zufälligkeit gekoppelt werden darf.

Auch in Zeiten der eVergabe müssen öffentliche Auftraggeber ordnungsgemäß informieren und dürfen sich nicht hinter den Vergabeplattformen verstecken. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Auftraggeber vergaberechtswidrige Implementierungen der von ihnen genutzten Vergabeplattform zurechnen lassen müssen.

Indem die Vergabekammer nunmehr ein aktives Verbringen der Information in den Machtbereich des Bieters fordert, erweitert diese § 134 GWB – über seinen eigentlichen Wortlaut hinaus – um die Voraussetzung des Zugangs. Eine Versendung der Information ist hierfür unerlässlich. Das Freischalten der Information im Bieterbereich einer Vergabeplattform, auch wenn es sich dabei um eine gesonderte Mailbox handeln mag, genügt allein nicht. Vor diesem Hintergrund ist daher zu einer zusätzlichen Versendung des Informationsschreibens, etwa per Fax oder E-Mail, zu raten. Nur dadurch kann der Zugang der Information sichergestellt werden und damit der Hauptzweck des § 134 GBW, dem Betroffenen die wesentlichen Gründe für sein Scheitern im Vergabeverfahren mitzuteilen, damit er die Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsverfahrens beurteilen kann, effektiv gewahrt und ein Vergaberechtsverstoß ausgeschlossen werden.