Das neue Recht auf Brückenteilzeit: Freizeitanspruch durch die Hintertür?

Claudia Knuth

Ab 1. Januar 2019 kommt die sog. Brückenteilzeit. Ein zeitlich befristeter Teilzeitanspruch. Kindererziehung, Pflege oder einfach mal ein wenig mehr Freizeit… Besondere Gründe sind nicht erforderlich. Die wichtigsten Neuerungen zusammengefasst:

20.12.2018 | Arbeitsrecht

Die Brückenteilzeit kommt 2019. Ein zeitlich befristeter Teilzeitanspruch oder ein Instrument zu Beeinflussung der Lage der Arbeitszeit & des -volumens in den Händen der Arbeitnehmer? Diese sollen zukünftig weiter in Teilzeit arbeiten können, aber nicht unfreiwillig verbleiben müssen. Gründe für eine Arbeitszeitreduzierung müssen keine vorliegen. Auch über das Volumen entscheidet grundsätzlich der Arbeitnehmer selbst. Insbesondere die Frage, ob geeignete Ersatzkräfte für geringe Reduzierungen der Arbeitszeit immer zur Verfügung stehen, bleibt dabei offen.

Um wen geht es?

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmer verlangen können, dass ihre vertragliche vereinbarte Arbeitszeit (gleich ob Vollzeit- oder Teilzeitarbeit) für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum verringert wird. Dafür muss das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate bestehen. Ferner kann die Brückenteilzeit nur für mindestens ein oder höchstens fünf Jahre genommen werden.

Der neue Anspruch auf zeitlich befristete Teilzeit ist nicht an das Vorliegen besonderer Gründe, wie Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen, gebunden. Ein Arbeitnehmer der seine erkrankte Mutter pflegen möchte, wird faktisch genauso gestellt, wie derjenige, der sich mehr Freizeit nehmen möchte.

Die Zumutbarkeitsgrenze berücksichtigt dabei nur solche Teilzeitarbeitnehmer, die einen Anspruch auf befristete Teilzeit geltend gemacht haben. Arbeitnehmer die sich aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder gesetzlicher Grundlage (z.B. § 8 TzBfG, § 15 BEEG) bereits in Teilzeit befinden, bleiben unberücksichtigt. Äußert jedoch ein Teilzeitarbeitnehmer den Wunsch seine Arbeitszeit zu erhöhen, so erstreckt sich die Beweislast des Arbeitgebers ab dem 1. Januar 2019 nunmehr auch darauf, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz nicht besteht oder dass der Teilzeitarbeitnehmer nicht hinreichend geeignet ist. Wendet sich ein Arbeitnehmer gegen eine Ablehnung seines Teilzeitbegehrens, kann das Gericht den Arbeitgeber verurteilen, beide gemäß der beantragten Arbeitszeitregelung zu beschäftigten.

Wer zuerst kommt mahlt zuerst

Für Arbeitgeber, die bis zu 45 Arbeitnehmer beschäftigen gilt der Anspruch nicht. Arbeitgeber, die in der Regel zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen, sollen durch eine Zumutbarkeitsgrenze entlastet werden. Danach steht in einem solchen Unternehmen nur einem pro angefangene 15 Arbeitnehmer ein Recht auf befristete Teilzeitbeschäftigung zu. Da die ersten 45 Mitarbeiter jedoch mit einzuberechnen sind, können in Unternehmen mit 46 Arbeitnehmern bereits bis zu vier Arbeitnehmer das Recht auf befristete Teilzeit geltend machen; in Unternehmen mit bis zu 200 Arbeitnehmern bis zu 14 Arbeitnehmer. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Beginns der begehrten Verringerung.

Haben mehrere Arbeitnehmer für den gleichen Tag den Beginn einer Brückenteilzeit beantragt, hat der Arbeitgeber unter ihnen eine Auswahl nach billigem Ermessen zu treffen. Hierbei soll er insbesondere persönliche, soziale und familiäre Gesichtspunkte berücksichtigen. Die Entscheidung, welche Arbeitnehmer zu bevorzugen sind, ist durch den Gesetzgeber nicht weitergehend konkretisiert und auf den Arbeitgeber ausgelagert, der das Risiko einer gerichtlichen Überprüfung seiner Entscheidung trägt.

Welche Fristen sind einzuhalten?

Die Voraussetzungen und Antragsstellung gleichen weitestgehend den Regelungen für den Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit: Der Arbeitnehmer muss den Antrag auf befristete Teilzeit und den begehrten Zeitraum mindestens drei Monate im Voraus in Textform stellen.

Der Arbeitgeber hat die gewünschte Verringerung mit dem Arbeitnehmer zu erörtern mit dem Ziel zu einer Vereinbarung zu gelangen. Eine Entscheidung über den Antrag hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Falls der Arbeitgeber keine solche schriftliche Entscheidung trifft, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit gilt als festgelegt.

Ersatzkraft: ja; Sonderkündigungsschutz: nein

Zur Überbrückung der Arbeitszeitverringerung kann der Arbeitgeber für die Dauer der Verringerung zum Beispiel eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer befristet beschäftigen. Dazu kann er den Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. (1) S. 2 Nr. 3 TzBfG) nutzen.

Hinsichtlich des Kündigungsschutzes darf nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmer unterschieden werden. Die rechtlichen Regelungen finden für Arbeitnehmer mit Brückenteilzeit genauso Anwendung wie für andere Mitarbeiter. Der Gleichbehandlungsgrundsatz der Teilzeitbeschäftigten ist insbesondere bei der Sozialauswahl nach dem Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Teilzeitarbeitnehmer dürfen dabei nicht von vorneherein als weniger sozial schutzbedürftig eingestuft werden als Vollzeitarbeitnehmer.